FLECHSIG |
[11000-20240422]
Aktuelle Informationen
und Hinweise:
1. Binder/Vesting:
Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht. Ich habe hierin seit der 1. Aufl. erschienen
Frühjahr 2003 die §§ 9, 9a, 9b, 10, 31 bis 33 und 42 RfStV (in der Fassung des
6. RfStV 2002) kommentiert bis zur 4. Aufl. kommentiert.
Nunmehr ist der Kommentar zum Rundfunkrecht
in der 5. Auflage des Medienstaatsvertrages
(MStV, ehedem RfStV) mit Jugendmedienschutz-StV, Rundfunkbeitrags-StV und Rundfunkfinanzierungs-StV
am 8.Mai 2024 erschienen, in welchem ich zu folgenden Paragraphen die Kommentierungen
übernommen habe:
§ 4 MStV: Informationspflichten,
Verbraucherschutz,
§ 5 MStV: Auskunftsrechte,
§ 6 MStV: Sorgfaltspflichten,
§ 16 MStV: Auskunftspflicht und
zuständige Behörden nach dem Europäischen Übereinkommen über das
grenzüberschreitende Fernsehen,
IV. Abschnitt: Besondere
Bestimmungen für den privaten Rundfunk zu § 68 MStV: Sendezeit für Dritte
(Parteien und Kirchen).
Aus den vielzähligen Rezensionen
Thomas Hoeren: "(...) Schon nach
fünf Jahren ist eine Neuauflage dieses Flaggschiffs notwendig. Der
,,Binder/Vesting" hat sich zu einem der zentralen Kommentare im
Rundfunkrecht entwickelt und begeistert von Auflage zu Auflage mehr. Das
unübersichtliche Rundfunkrecht haben die verschiedenen Verfasser aus Wirtschaft
und Forschung glänzend aufbereitet, so dass man als Leser niemals die Übersicht
über die komplexe Materie in seinen aktuellen Verästelungen verliert. Auch die
in den Vorauflagen stets schwierige Behandlung der neuen Medien ist diesmal
glänzend gelungen." Professor Dr. Thomas Hoeren, Münster, in: NJW
11/2018, zur 4. Auflage 2018.
2. Rundfunkkompetenz
für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk! Plädoyer für eine Grundgesetzänderung.
Die
Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liegt in der Gestaltungskompetenz
auf den Bundesgesetzgeber: Das GG muss geändert werden
Hierzu erscheinen demnächst in
MedienWirtschaft 2024 meine Ausführungen zur Frage, ob es richtig ist, die
Rundfunkkompetenz weiterhin in den Händen der Länder zu belassen oder ob nicht
eine Bundeskompetenz hierfür im Lichte insbesondere der Internationalisierung
notwendig ist. Meine Forderung lautet deshalb auch: Was für die
demokratische Freiheit relevant ist, gehört im Grundgesetz verankert.
Ich nehme die Gelegenheit wahr und
führe nachstehend die hierfür relevanten sogenannten „Rundfunkentscheidungen“
des BVerfG, veröffentlicht in der amtlichen Sammlung, wie sie von mir zitiert
werden, an:
1. Rundfunkurteil
- BVerfGE 12, 205 - Deutschland-Fernsehen vom 28. Februar 1961
2. Rundfunkurteil
- BVerfGE 31, 314 – Mehrwertsteuer vom 27. Juli 1971
3. Rundfunkurteil
- BVerfGE 57, 295 - FRAG-Duale Rundfunkordnung vom 16. Juni 1981
4. Rundfunkurteil
- BVerfGE 73, 118 - Niedersachsen-Urteil vom 4. November 1986
5. Rundfunkurteil
- BVerfGE 74, 297 - Baden-Württemberg-Beschluss vom 24. März 1987
6. Rundfunkurteil
- BVerfGE 83, 238 - WDR-Urteil vom 5. Februar 1991
7. Rundfunkurteil
- BVerfGE 87, 181 - Hessen-3-Beschluss vom 6. Oktober 1992
8. Rundfunkurteil
- BVerfGE 90, 60 - Gebührenurteil vom 22. Februar 1994
9. Rundfunkurteil
- BVerfGE 92, 203 - EG-Fernsehrichtlinie vom 22. März 1995
10. Rundfunkurteil
- BVerfGE 97, 228 - Kurzberichterstattung vom 17. Februar 1998
11. Rundfunkurteil
- BVerfGE 97, 298 - Extra-Radio vom 20. Februar 1998
12. BVerfGE
119, 181 - Anforderungen Festsetzung Rundfunkgebühren vom 11.9.2007
13. BVerfGE
121, 30 – Politische Parteien und Rundfunkunternehmen
14. BVerfGE
136, 9 - Normenkontrollanträge gegen ZDF-Staatsvertrag vom 25.3.2014
15. BVerfGE
149, 222 - Rundfunkbeitrag vom 18.7.2018
16. BVerfGE
158, 389 - Staatsvertrag Rundfunkfinanzierung vom 20.7.2021
17. BVerfGE
54, 129 – Römerberggespräche
3. EuGH: Die
Weiterverbreitung eines Rundfunksignals mittels einer hoteleigenen
Kabelverteilanlage ist eine öffentliche Wiedergabe und deshalb gesondert
genehmigungsbedürftig. (Leitsatz von mir) - EuGH, Urteil vom 11.4.2024 – C-723/22,
BeckRS 2024, 6722 – Citadines
Steht die Wiedergabe einer
Fernsehsendung an einem Ort in Frage, an dem die Öffentlichkeit diese Sendung
außer-halb ihres eigenen Zuhauses, etwa in Bars, Restaurants, Hotelzimmern,
Büros und Autohäusern, Zahnarztpraxen, Wartezimmern, Fitnessstudios oder Clubs,
ist nicht sicher, ob die diesbezüglichen Rechte von Verwertungsgesellschaften
erworben wurden. Filmhersteller bzw. Verleiher, welche an Rundfunkanstalten
lediglich die Senderechte nach §§ 20, 20b UrhG übertragen haben, haben sich das
Recht der öffentlichen Wiedergabe nach § 22 UrhG oft-mals vorbehalten. Deshalb
sind Verwertungsgesellschaft - wie beispielsweise die Corint Media als VG
deutscher wie auch internationaler privater Radio- und Fernsehsender - nicht in
der Lage, diesbezügliche öffentliche Wiedergabe-rechte der beteiligten Urheber
wie Regisseure, Kamera-leute oder Drehbuchautoren zu lizensieren, wenn diese
ihre Rechte nicht über Arbeits- und Dienstverträge oder Eigen- und
Auftragsproduktionsverträge an die Sender eingeräumt haben. Der EuGH hat mit
seiner Entscheidung nochmals grundsätzlich zur Auslegung und zum Verständnis
und damit zum Schutzumfang des absoluten, vollständig harmonisierten und weit
zu verstehenden Verwertungsrechts der öffentlichen Wiedergabe nach Art. 3 I
InfoSoc-RL iVm § 15 II UrhG ausführlichst Stellung genommen (zu den Grundzügen
v.Ungern-Sternberg 2022, 1777 [1778] und 2204, 3 [5]). Die hierzu geforderte
Gesamtbetrachtung muss zwei Tatbestandsmerkmale kumulativ er-füllen: Das Werk
muss wiedergegeben werden und dies muss öffentlich sein. Dies aber kann nur
individuell beantwortet werden.
In praktischer, rechtsberatender
Hinsicht sind mit Blick auf die ständige Rechtsprechung des EuGH (Rn. 39 ff.)
neben der Handlung einer Wiedergabe seine öffentliche Wiedergabe als gegeben zu
erachten, wenn zu den Kriterien im jeweiligen Einzelfall insbesondere die
zentrale Rolle des Nutzers und sein vorsätzliches Handeln bejahend zu
beantworten sind. Ferner ist erheblich, ob die öffentliche Wiedergabe
Erwerbszwecken dient und dies auch tatsächlich geschieht und an eine
unbestimmte Zahl möglicher Adressaten sowie für ein „neues Publikum“
wiedergegeben wird. Anhand dieser Kriterien und gemäß der in Rn. 39 des
vorliegenden Urteils angeführten individuellen Sachlage ist zu beurteilen, ob
in einer Rechtssache, wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, der
Betreiber eines Hotels, der in den Gästezimmern und dem Fitnessraum dieses
Hotels Fernseh- und/oder Radiogeräte bereitstellt, an die er ein Sendesignal
weiterleitet, eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3
Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 vornimmt. Grundsätzlich ist es Sache des
nationalen Gerichts, wie der EuGH hervorhebt, festzustellen, ob dies in einem
konkreten Fall zutrifft. Dieses Gericht hat insofern eine abschließende
Beurteilung der Tatsachen vorzunehmen, ob alle relevanten Kriterien für die
Auslegung des Unionsrechts gegeben sind, um die streitgegenständliche Handlung
als öffentliche Wiedergabe zu beurteilen. Hierzu ist 1. zu berücksichtigen, ob
der Handelnde absichtlich, das heißt willentlich ein Rundfunksignal zum Zwecke
des Empfangs verbreitet; 2. müssen die Empfänger von unbestimmter Zahl und als
„Öffentlichkeit“ anzusehen sind; 3. muss es sich hierbei um ein zusätzliches
Publikum einer Rundfunksendung handeln, wobei es 4. ausreicht, wenn nur
Mitglieder Zu-gang haben; 5. wird mit der streitgegenständlichen Handlung ein
Erwerbszweck verfolgt. Das bloße Bereitstellen von Einrichtungen zum Kauf oder
Anmieten von Einrichtungen, die eine Wiedergabe ermöglichen, stellt zwar keine
Wiedergabe im rechtlichen Sinne dar (Erwägungs-grund 27 InfoSoc-RL). Eine
solche öffentliche Wiedergabe indizieren aber Rundfunkgeräte zum Empfang in
Gäste-zimmern oder in Fitnessräumen (EuGH GRUR 2007, 225 – SGAE. Zur Ausnahme
einer bloßen Zimmerantenne siehe Hillig zu BGH GRUR-Prax 2016, 265).
Ergänzend
siehe hierzu Flechsig in GRUR-Prax 2024, S. ###
4. OLG München:
Cloud-Computing-Dienstleister sind in Deutschland nach §§ 54 ff. UrhG nicht
vergütungspflichtig.
(Leitsatz von mir) - OLG München,
Urteile vom 2.2.2024, – 38 Sch 60/22 WG e, GRUR-RS 2024, 2011. – Dropbox
Die vorliegenden Urteile entschieden
erstmals in Deutsch-land überzu Klagen von Verwertungsgesellschaften gegen
Cloudbetreiber auf angemessene Vergütung nach §§ 54 bis 54b UrhG. Wenn der
Senat der Auffassung ist, dass das deutsche UrhG nicht die internetbasierte
Nutzung einer Cloud erfasst, weil unter „Träger“ von Informationen und Daten
körperliche Träger zu verstehen sind, und auch ein lediglich internetbasierter
Zugriff auf eine Cloud-Dienste-anbietung führe funktional durch seine Nutzung
nicht zur „Herstellung“ oder „Einführung“ eines Speichergeräts, dann stellt
sich allerdings konkret die Frage, ob und wie Urheber und
Leistungsschutzberechtigte für die zweifels-frei im Rahmen des Cloud-Computing
erfolgende Vervielfältigung hierfür angemessen vergütet werden.
Mit Urteil des EuGH Austro
Mechana/Strato (GRUR-RS 2022, 5261 = GRUR-Prax 2022, 287 [Müller]; Flechsig ZGE
2022, 154) steht fest, dass Kopien urheberrechtlich geschützter Werke, die
durch private Nutzer mit einer „Cloud“ angefertigt werden, vergütungspflichtige
Privat-kopien iSv Art. 5 II lit. b InfoSoc-RL sind. Sämtliche
EU-Mitgliedsstaaten sind verpflichtet sicherzustellen, dass über eine
Privatkopierschranke angemessene Ausgleichs-zahlungen erfolgen. Hiervon sind
auch die Anbieter von Clouds nicht befreit, vorbehaltlich dass diese Vergütung
nicht bereits anderweitig erfolgt. In Deutschland wird bis heute für
Privatkopien und Kopien zum sonstigen eigenen Gebrauch (§ 53 I, II UrhG und §§
60a bis 60f UrhG) mittels einer Cloud keinerlei Vergütung an die Rechteinhaber
ent-richtet. Zwar nutzen die Endgeräteinhaber eben diese Clouds, jedoch
entrichten weder die Importeure und Her-steller der von den aktuell
veröffentlichten Tarifen der Verwertungsgesellschaften erfassten Geräte und
Speichermedien noch die Hersteller oder Einführer von Cloud-Servern eine
Vergütung für Vervielfältigungen in der Cloud. Unabhängig davon, ob diese
Vervielfältigungen von Gesamtverträgen und Tarifen der
Verwertungsgesellschaften erfasst werden, besteht im Lichte der angeführten
Rechtsprechung des EuGH auch in Deutschland drin-gender Handlungsbedarf, um
diese Vergütung schnellstmöglich klarstellend zu realisieren. Dies gilt
ins-besondere für den Fall, dass auch der BGH das funktionale Verständnis der
Kläger bezüglich der §§ 54 ff. UrhG nicht teilen sollte.
Ergänzend
siehe hierzu Flechsig in GRUR-Prax 2024, S. 241.
5. EuGH: Zur
Pflicht des Gesetzgebers, auch Rundfunkanstalten den Anspruch auf Erfüllung
eines grundsätzlich gegebenen Vergütungsrechts zu erfüllen.
Wie schon der Generalanwalt Anthony
Collins in seinem Schlussantrag vom 13. Juli 2023 zur Entscheidung empfahl, hat
nunmehr auch der EuGH (Erste Kammer) für Recht erkannt: Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung
bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der
Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen
Regelung entgegensteht, die Sendeunternehmen, deren Aufzeichnungen der
Sendungen von natürlichen Personen zum privaten Gebrauch und nicht zu
kommerziellen Zwecken vervielfältigt werden, vom Anspruch auf einen gerechten
Ausgleich im Sinne dieser Bestimmung ausschließt, soweit die Sendeunternehmen
einen potenziellen Schaden erleiden, der nicht nur „geringfügig“ ist.
Hierfür wurden insbesondere folgende
Erwägungen für entscheidungserheblich gehalten:
1. Mitgliedstaaten sind nach Art. 5
Abs. 2 Buchst. b der InfoSoc-RL 2001/29 berechtigt, Ausnahmen oder
Beschränkungen des ausschließlichen Vervielfältigungsrechts für
Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern durch natürliche Personen zum
privaten Gebrauch und zu nicht unmittelbar oder mittelbar gewerblichen Zwecken
vorzusehen, wenn die jeweiligen Inhaber dieses ausschließlichen Rechts einen
gerechten Ausgleich erhalten.
2. Folglich muss auch
Rundfunkveranstaltern in dem Mitgliedstaat, in welchem diese Ausnahme für
Privatkopien gilt, grundsätzlich das Recht auf einen gerechten Ausgleich
zuerkannt werden. Dies wird auch durch den Umstand des absoluten
Verwertungsrechts in Art. 2 und 3 InfoSoc-RL gestützt.
3. Die Gewährung dieses
Vergütungsanspruchs hat auch den Schaden im Blick zu haben, der diesen
Rechtsinhabern, also den Rundfunkveranstaltern, durch die Privatkopieausnahme
entsteht. Hierzu ist der in Art. 20 EuGRCharta verankerte
Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.
a. Das Fehlen oder eine nur
"minimale" Höhe des den Sendeunternehmen durch die
Privatkopieausnahme der Aufzeichnung des Sendesignals entstehende Schaden darf
nicht darüber hinausgehen, was zur Wahrung eines gerechten Gleichgewichts
zwischen den Rechtsinhabern und den Nutzern von Schutzgegenständen erforderlich
ist, er muss also angemessen sein.
b. Dieser gerichtliche Hinweis und
dieses Rechtsverständnis richten sich an das nationale Gericht, welches anhand
objektiver Kriterien zu prüfen hat, ob Rundfunkveranstaltern - als nur einem
Rechtsinhaber nach Art. 2 e) und 3 Abs. 2 d) InfoSoc-RL unter anderen - nur ein
"geringfügiger" Schaden zugefügt wird.
c. Hierfür ist auch anhand
objektiver Kriterien zu prüfen und zu bewerten, ob innerhalb der hier
relevanten Leistungsschutzberechtigten alle Rundfunkveranstalter hinsichtlich
des ihnen zugefügten Schadens durch Verneinung eines Vergütungsanspruchs identisch
zu behandeln sind. Es könnte also beispielsweise durchaus zwischen
öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern zu unterscheiden
sein.
Fazit:
-
Der deutsche Gesetzgeber ist hiernach gefordert, das
Urheberrecht in § 87 Abs. 4 entsprechend und unbedingt anzupassen. Hiernach
sollte klargestellt werden, dass eine Vergütung für die Privatkopie des
Sendesignals grundsätzlich entsprechend Art. 5 Abs. 2 InfoSoc-RL geschuldet ist
und dies nicht nur für Vervielfältigungen von Aufzeichnungen gilt sondern auch
die erstmalige Vervielfältigung, das heißt die Aufzeichnung der Sendung
unterfällt hiernach dem diesbezüglichen Anspruch. Dies vorbehaltlich, dass diesbezüglich
ein Schaden anzunehmen ist.
-
Auch der Unionsgesetzgeber gefordert, seine Richtlinie
2001/29/EG anzupassen. Er muss klarstellen, dass das in Art. 2 den
Rundfunkanstalten gewährte Rechte des absoluten Vervielfältigungsrechts nicht
nur für „die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte
Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise
zu erlauben oder zu verbieten [gilt … e)] für die Sendeunternehmen in
Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Sendungen, unabhängig davon, ob diese
Sendungen drahtgebunden oder drahtlos, über Kabel oder Satellit übertragen
werden“, sondern bereits der Sendungsmitschnitt dem gewährten
Vervielfältigungsrecht unterfällt. Damit ist der These (Katzenberger GRUR-Int
2006, 190) zu widersprechen, wonach das in Art. 2 der Richtlinie normierte
Vervielfältigungsrecht in Bezug auf die Rechte der Sendeunternehmen überhaupt
nicht anwendbar ist, soweit es sich um die Aufzeichnung von Livesendungen
handelt.
-
Die Innehabung eines auch den Live-Mitschnitt respektive die
Aufzeichnung der Livesendung umfassenden Vervielfältigungsrechts des Signals
einer Rundfunksendung sollte auch deshalb nicht mehr fraglich und damit von
Art. 2 lit. e) InfoSocRL klarstellend erfasst sein, weil nunmehr auch die WIPO
mit ihrem letzten Entwurf eines Copyright Treaty (SCCR 44-3 vom 6.9.2023, Art.
7 – https://www.wipo.int/meetings/en/details.jsp?meeting_id=78391)
anerkannt hat, dass Broadcasting organizations shall enjoy the exclusive
right of authorizing the fixation of their programme-carrying signals. Mit
dem Beitritt der EU zu eben diesem demnächst zu verabredenden WIPO-Broadcasting
Treaty erscheint eine solche Klarstellung auch unverzichtbar.
Ergänzend
siehe hierzu Flechsig in GRUR-Prax 2023, S. 755
6. Videokamera
im Recht der GdWE und Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrecht – Zum Beschluss
des LG Frankfurt vom 10.5.2023 – 2-13 T 33/2, BeckRS 2023, 10684.
Der Kern des WEG-Binnenrecht umfasst
nicht das individuelle Persönlichkeitsrecht. Mit diesem Leitsatz kommt das LG
Frankfurt zu der zutreffenden Aussage, dass auch nach der WEG-Reform die
Eigentümer Ansprüche auf Unterlassung von Videoaufzeichnungen und damit
verbundene Schadensersatzansprüche individuell geltend machen können.
Deliktische Ansprüche aus § 823 BGB i.V.m. dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht
oder aus der DSGVO sind nämlich keine Ansprüche, die nach § 9a Abs. 2 WEG der
Wohnungseigentümergemeinschaft zur Ausübung übertragen sind.
Ausführlich: Flechsig in https://www.juris.de/r3/document/jazo-AZOMW00004723/part/A
- Ausgabe November 2023, zitiert AnwZert MietR 24/2023 Anm. 1.
7. VG und
Herausgeberbeteiligung
OLG München Urteil vom 27.7.2023 –
29 U 7919/21 (GRUR-RS 2023, 22410, Revision ist anhängig):
Ausschüttungen der VG Wort an Herausgeber und deren Förderungsfonds auch in der
Berufungsinstanz als rechtswidrig erachtet, UrhG §§ 27, 54; VGG § 32:
Meine Ausführungen zur
Berufungsinstanz in GRUR-Prax 2023, 570.
Die VG Wort war und ist nicht
berechtigt, Ausschüttungen der auf Fach- und Sachbücher entfallenden
Erlösanteile aus der Wahrnehmung der gesetzlichen Vergütungsansprüche durch
Zahlungen an Herausgeber und an ihren Förderungsfonds Wissenschaft zu vermindern.
(Leitsatz von mir)
Meine Ausführungen zur Ersten
Instanz in GRUR-Prax 2021, 682:
LG München I, Teilurteil vom
4.10.2021 – 42 O 13841/19 (Erste Instanz, GRUR-RS 2021, 28922): Ausschüttungen
der VG Wort an Herausgeber und Förderungsfonds rechtswidrig, UrhG §§ 27, 54,
1. Die satzungsgemäße Aufgabe der VG
Wort umfasst keine Ausschüttungen an Herausgeber.
2. Die Verwaltungspraxis der VG Wort
stellt nicht sicher, dass tatsächlich nur Ausschüttungen an berechtigte Urheber
oder Inhaber von Sammelwerken vorgenommen werden, weshalb die Ausschüttung an
Herausgeber auch nach erfolgter Satzungsänderung unwirksam war und ist.
3. Die von Januar 2016 bis September
2019 vorgenommenen Zuwendungen an den
Förderungsfonds Wissenschaft der VG
Wort erfolgten zu Unrecht. (Leitsätze von mir)
8. Persönlichkeitsrecht
und Videokamera im Wohnungseigentumsrecht
Immer wieder treten zwischen
Wohnungseigentümern untereinander Streitereien auf, weil
persönlichkeitsrechtliche Belange eines entsprechenden Schutzes in Frage
stehen. Digitale Affinitäten zu preisgünstigen Videokameraausstattungen mit
weltweit zugänglichen Apps und deren Inhaltsverbreitung beispielsweise über
Whatsapp oder Messenger verleiten immer mehr und immer öfter dazu, nicht nur
persönliche Innenräume gegen fremdes beobachtendes Eindringen zu bewahren. Die
Ausrichtung dieser Beobachtungstechnik auf WEG-relevante Flächen und Räume
anderer Miteigentümer und Bewohner im Falle einer solchen individuellen und
speziellen Nachbarüberwachung wirft auch die Frage auf, ob hier das WEMoG
hilfreich sein kann, in Bezug genommen werden muss oder ob sich eine solche
Bezugnahme bei der Schutzgewährleistung gegenüber der Verletzung von
Persönlichkeitsrechten durch Videokameraüberwachung grundsätzlich verbietet.
Ausführlich:
Flechsig, AnwZert MietR 22/2022 Anm. 1. - www.anwaltzertifikat.de
9. Privatkopieabgabe
für Cloud-Computing
Mit dem Urteil des EuGH in der
Rechtssache C-433/20 hat der EuGH entschieden, dass die Privatkopieausnahme
auch die Speicherung eines geschützten Werkes in der Cloud für private Zwecke
freistellt und die Rechtsinhaber dafür einen angemessenen Ausgleich erhalten
müssen. Es ist deshalb auch in Deutschland der Frage nachzugehen, welche
Rechtsfolgen sich nach dem Urteil für das Cloud-Computing ergeben, ob und auf
welchem Wege dem Urheber ein angemessener Ausgleich gegen den
Cloud-Computing-Dienstleister zusteht bzw. zustehen kann. In Reaktion auf das
Urteil sollte auch der nationale deutsche Gesetzgeber gegen
Cloud-Computing-Dienstleister einen Anspruch auf angemessene Vergütung
vorsehen. Ich habe mich deshalb in meinem nachfolgenden Beitrag dieser Frage
zugewandt und einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet. Zur Frage der
Bestimmung einer Privatkopieabgabe für Cloud-Computing-Dienstleistungen
nach EuGH-Urteil Stratos/Austro-Mechana – Beitrag in ZGE
2022/1, 154. Hierzu
folgende Zusammenfassung wegen seiner übernationalen Bedeutung in English
(aaO., S. 172): Summary in English: The ECJ (judgement in case
C-433/20) decided that the ‘private copying’ exception (Art. 5(2)b
Info-Soc-Directive 2001/29/EC) applies to a copy of a protected work stored in
the cloud for private purposes. Rightholders must receive fair compensation,
which, however, need not necessarily be imposed on cloud providers. The article
examines the legal consequences of the ECJ’s ruling for cloud computing and
whether and how authors can claim appropriate compensation from cloud computing
service providers. It is argued that based on the ECJ’s reasoning appropriate
remuneration (storage media remuneration) is also owed for private cloud
computing storage. Accordingly, national and European legislation must provide
for remuneration obligations not only for manufacturers, dealers and importers
of storage media devices, but also for cloud computing service providers as
operators. The paper proposes a legal regulation and puts it up for discussion.
10. Angemessene
Presseverlegervergütung – hierzu mein Beitrag in GRUR 2022, S. 939: Zur angemessenen
Vergütung des Presseverlegerleistungsschutzrechts durch Anbieter von Diensten
der Informationsgesellschaft
Hintergrund: Corint
Media gegen Google: Kress-Medien berichteten am 15.10.2021 über die aktuellen
Verhandlungen der Verwertungsgesellschaft Corint Media mit Google über eine
angemessene Vergütung bezüglich des Leistungsschutzrechts der Presseverleger
nach den §§ 87f ff UrhG. Der Forderungsanspruch beträgt in der Überlegung 420
Millionen Euro im Jahr 2022. Die Corint Media, die zahlenmäßig nahezu alle
Presseverleger in Deutschland vertritt, hat hierzu Google einen entsprechenden
Lizenzvertrag vorgelegt, der Google das Recht am Ausschließlichkeitsrecht des
Presseverlegers gewähren soll, in seiner Suchmaschine Presseinhalte wie
Überschriften, kurze Artikelausschnitten und Vorschaubildern in der
Suchmaschine wiederzugeben.
Rechtlich relevant hierzu ist die
Tatsache, dass eine prozentuale Lizenzvergütung der relevanten Umsätze durchaus
als angemessen zu bewerten ist, wie auch von Seiten der Schiedsstelle des DPMA
als Aufsichtsbehörde in dem Verfahren Sch-Urh 13/14 (vom 24.9.2015) in seinem
Einigungsvorschlag an anderer Stelle entschied: Der Vergütungssatz von 11%
gilt, sobald die Antragstellerin mindestens die Rechte an sämtlichen
Presseerzeugnissen wahrnimmt, die durch die Informationsgesellschaft zur
Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) erfasst werden.
Danach gefragt, welche Einschätzung ich abgebe, durfte ich
mich hierzu wie folgt äußern:
Die Forderung nach einer
angemessenen Vergütung von Rechteinhabern für die Online-Nutzung ist
strukturell kein neuer Fall für die Urheberrechtswissenschaft. Wenn Urheber im
Buchbereich als regelmäßige Lizenzvergütung mindestens 15 % des Verkaufspreises
an der Theke erhalten, dann können 11 % der Umsätze von Google für sämtliche
deutschen Presseverleger nur als Untergrenze eines angemessenen Entgelts
bezeichnet werden. Schließlich ist das urheber- und leistungsgeschützte
redaktionelle Schaffen in diesem Vergütungsanspruch enthalten, weil eben diese
Redakteure hieran anteilig vergütet werden müssen. Nur mit einer solchen
angemessen erscheinenden Vergütung erscheint auch Vertragsparität gegeben, die
der deutsche Gesetzgeber im Verhältnis zwischen Presseverlegern und
Suchmaschinenbetreibern nicht außer Kraft setzen wollte.
Zur Weigerung von Google, mit
Presseagenturen über die Vergütung für Leistungsschutzrechte zu verhandeln kann
an dieser Stelle auf die noch näher auszuführende Entscheidung, den Beschluss
Nr. 21-D-17 vom 12. Juli 2021 der französischen Autorité de la Concurrence
über die Einhaltung der gegen Google erlassenen Anordnungen in der Entscheidung
Nr. 20-MC-01 vom 9. April 2020 verwiesen werden, in welcher Google dafür
bestraft wurde, nicht in angemessener Weise zu Vertragsverhandlungen bereit zu
sein. Hierbei wurde folgender Beschluss gefasst (aaO., S. 145):
ENTSCHEIDUNG
Artikel 1: Es wird
festgestellt, dass Google LLC, Google Ireland Ltd und Google France die erste,
zweite, fünfte und sechste Anordnung missachtet haben, die die
Wettbewerbersbehörde in ihrem Beschluss Nr. 20-MC-01 vom 9. April 2020 in Bezug
auf Anträge auf einstweilige Maßnahmen des Syndicat des éditeurs de la presse
magazine, der Alliance de la presse d'information générale und anderer sowie
der Agence France-Presse erlassen hatte.
Artikel 2: Gegen Google LLC, Google Ireland Ltd und
Google France wird wegen der in Artikel 1 genannten Verstöße
gesamtschuldnerisch ein Zwangsgeld in Höhe von 500 000 000 EUR verhängt.
Artikel 3: Google LLC,
Google Ireland Ltd und Google France werden angewiesen, die in Randnummer 560
dieser Entscheidung beschriebenen Anordnungen in jeder Hinsicht zu befolgen,
vorbehaltlich eines Zwangsgelds in Höhe von 300 000 Euro für jeden Tag des Verzugs
am Ende des Zweimonatszeitraums, der mit dem förmlichen Antrag auf
Wiederaufnahme der Verhandlungen beginnt, den jede der Klägerinnen
gegebenenfalls nach Zustellung dieser Entscheidung gestellt hat.
Achtung: Der in Artikel 2 der Entscheidung genannte Betrag von
500Millionen Euro ist kein Schreibfehler! So heißt es im Original:
DÉCISION
Article 1er : Il est
établi que les sociétés Google LLC, Google Ireland Ltd et Google France ont
méconnu les première, deuxième, cinquième et sixième injonctions prononcées par
l’Autorité dans la décision n° 20-MC-01 du 9 avril 2020 relative à des demandes
de mesures conservatoires présentées par le Syndicat des éditeurs de la presse
magazine, l'Alliance de la presse d'information générale e.a. et l’Agence
France-Presse.
Article 2 : Il est infligé, au titre des
manquements visés à l’article 1er, une sanction pécuniaire de 500 000 000
euros, solidairement aux sociétés Google LLC, Google Ireland Ltd et Google
France.
Article 3 : Il est ordonné aux sociétés Google
LLC, Google Ireland Ltd et Google France de se conformer en tout point aux
injonctions décrites au paragraphe 560 de la présente décision, sous astreinte
de 300 000 euros par jour de retard à l’expiration du délai deux mois courant à
compter de la demande formelle de réouverture des négociations formulée, le cas
échéant, par chacune des saisissantes, après la notification de la présente
décision.
11. Plagiate
können auch strafbar sein
Dass Urheber auch strafrechtlich
geschützt sind, geht meistens unter. Wer sich näher informieren will, dem
empfehle ich meinen Beitrag auf FAZ-Einspruch vom 21.9.2021 mit folgender
Einleitung zu meinem Gastbeitrag:
Sowohl gegen Baerbock, Laschet als
auch Scholz wurden Plagiatsvorwürfe erhoben. Dass Plagiate abseits des
Zivilrechts auch strafrechtlich verfolgt werden können, ist den wenigsten
bekannt.
12. Europäisches
Urheberrecht in der Digitalität - Copyright in Digitality – Vortrag-pps- Download der Bezirksgruppe Südwest der
GRUR zu den Umsetzungen der EU-RL 2019/789 und 2019/790 am Dienstag, dem
12.11.2019, Haus der Wirtschaft, 70174 Stuttgart. – Der Beitrag/Vortrag kann
eingesehen werden unter www.JurPc.de
The
lecture is dedicated to the current European directives on copyright of 17
April 2019 and gives an overview of the expected transposition into national
law. In order to promote the proper functioning of the internal market, the
so-called CabSat Directive (EU) 2019/789 regulates the further distribution of
television and radio programmes from other Member States and ensures that the
licensing of copyrights and related rights to works and other subject-matter
which are the subject of transmission of certain types of television and radio
programmes are facilitated. Copyright contract law in the strict sense - unlike
the substantive, absolute right to protect intellectual property - has so far
only been partially harmonised in the Internal Market. The Directive (EU)
2019/790 on Copyright and Related Rights in the Digital Single Market of 17
April 2019 has brought about considerable changes in this regard, which give
rise to the expectation of harmonized copyright contract law in the European
Union and must be transposed into national law in all Member States by June
2021. The contribution/lecture can be
viewed at www.JurPc.de.
13. Stellungnahme betreffend die Einladung des BMJ vom
28.6.2019 zu A. Zur RICHTLINIE (EU) 2019/790 DES EUROPÄISCHEN
PARLAMENTS UND DES RATES vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die
verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der
Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG (CDSM- RL)
14. Historie:
Wie könnte ein verlegerischer
Ausgleichsanspruch nach Art. 16 (ehedem 12) des CDSM-RL-E in deutsches Recht umgesetzt werden? Tagung des GRUR FA
Urheber- und Verlagsrecht am 23.1.2019
in München – MPI „Aktuelle Fragen zum Urhebervertragsrecht“, veröffentlich in https://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20190013
vom 29.1.2019.
Hier geht es zu dem vom EU-Parlament angenommenen Text. – hier die Richtlinie 2019/790/EU.
Hier geht es zu den aktuellen
Bewertungen von Prof. Dr. Georg Sandberger in https://www.jurpc.de,
erschienen am (8.Mai 2019).
15. Festvortrag
gehalten aus Anlass der Examensfeier der Juristischen Fakultät und des
Landesjustizprüfungsamtes am Mittwoch, dem 25. Juli 2018 im Festsaal der
Universität, Tübingen.
16. Vortrag aus
Anlass des Symposiums der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Eberhard Karls
Universität Tübingen am 8.12.2017: 500 Jahre Schutz des Werkschaffens - Sind
wir für die Zukunft gerüstet? Hier downloaden.